Und schon wieder Wochenende! Da Lennis Fußballturniere, Lorenz′ Junior-Ranger Samstage, Geburtstagspartys und weite Ausflüge nach wie vor pausieren, haben wir alle vier Zeit zum Wandern. Die Begeisterung zumindest des 13-jährigen Pubertiers ist heute gering und es darf zunächst einmal ausschlafen. So kommt es, dass wir die kurze Fahrt durch die Nationalparkregion Hunsrück-Hochwald von Brücken nach Baumholder erst um die Mittagszeit antreten.
Der Bärenbachpfad ist eine fast 15 Kilometer lange Traumschleife, die mitten in Baumholder am Weiher startet. Die eigentliche Rundtour beginnt allerdings oberhalb des Städtchens und wir parken heute einmal dort.
Gleich am Parkplatz ist das erste Highlight und wir überschlagen uns fast vor Begeisterung: Was für ein Getreidefeld! Ein Gemälde könnte nicht schöner sein! Am liebsten würde ich den Landwirt anrufen und mich bedanken.
Mohn und Kornblumen in Hülle und Fülle. Die Hummeln summen und sammeln in einer Vielzahl herum, dass es eine wahre Freude ist.
(Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass nicht nur Biogeografen hier ins Schwärmen geraten. Gleich mehrere Autos halten an, nur um zu Staunen und Fotos zu machen!)
Über einen Pfad und durch ein kleines Wäldchen erreichen wir das erste Tor der Traumschleife. Wir passieren die auffällig gearbeiteten Holzpfosten, die oben durch einen Querbalken verbunden sind. Daran ist ein Holzschild befestigt, das dem kommenden Wegabschnitt jeweils ein Motto gibt. Wir machen uns also auf „Zum Ungeheuer“.
Ungeheuerlich ist die Menge Waldmeister, die am Waldboden gedeiht. In unseren Köpfen entsteht ein verlockendes Bild von Waldmeisterbowle und eine Handvoll der duftenden Kräuter landet im Rucksack. Der Fairness halber pflücken wir später auch einige Holunderblüten für die Jungs.
Als nächstes weckt ein Holzschild mit dem Hinweis „Zum Alten Schloss“ unsere Neugier. Ein Schloss in Baumholder? Was es damit auf sich hat, müsst ihr selbst herausfinden!
Ungefähr bei Kilometer 3 hat der Naturschutzverein Baumholder eine wahre Info-Oase geschaffen. Auf dem gepflegten Platz stehen Infotäfelchen, Nisthilfen und ein großes Insektenhaus mit – endlich mal – nutzbarem Inhalt.
Die kleine Wildbienenstation zum Öffnen ist spannend, auch wenn die Brut sich in den Glasröhrchen vielleicht nicht immer erfolgreich entwickeln kann.
Richtig was los ist bei den Honigbienen, die trotz Wolken den vielen Blüten wohl nicht widerstehen können und ausfliegen.
Über den „Pfad der alten Bäume“ erreichen wir einen Aussichtspunkt und blicken trotz der hohen Luftfeuchtigkeit tatsächlich bis in die Pfalz.
Der Weg schlängelt sich weiter durch den Laubwald bis in das lauschige Tal des Bärenbachs. Obwohl auch das Pubertier mittlerweile fröhlich wandert, muss es doch einmal kritisch anmerken, dass der Pfad bisher verdächtig stetig bergab führt. Erstmal prima, birgt aber erfahrungsgemäß ein gewisses "Risiko" für die weitere Wanderung.
Wir folgen entspannt dem Bächlein, als unser 11-jähriger rechterhand ein Trampelpfädchen hangaufwärts und einen vielversprechenden Höhleneingang erspäht. Paul und Lenni stürmen begeistert los zum "Wildfrauenloch", Lorenz steuert mit ähnlichem Elan eine nahe Pausenbank an.
Die achtbeinigen Bewohner dieser Höhle sind ... nennen wir es "gut im Futter". Wir beobachten sie mit einer Mischung aus Grusel und Faszination.
… das wird doch wohl kein Wildfrauen-Zopf sein?!
Wir beschließen einstimmig an diesem herrlichen Platz ausgiebig Pause zu machen. Glücklich machen wir uns über den Inhalt unseres Rucksacks her, obwohl wir von der Hälfte der Strecke noch weit entfernt sind. Großzügig belegte Brötchen, Schnippelgemüse und scheußlich saure Gummibärchen dürfen bei uns nicht fehlen. Und Leckerlies für Paul natürlich!
Gestärkt geht es weiter am Bach entlang, bis wir an einer Luchs-Infotafel rechts abbiegen und ein kurzes Bergaufstück meistern. Ich wusste gar nicht, dass es hier Luchse gibt!
Belohnt werden wir am nächsten Portal, das die Passage ankündigt, auf die wir alle gespannt sind: „Zur verschwundenen Heimat“.
Gleich 14 Gemeinden mussten dem Truppenübungsplatz ab 1937 weichen. Kleine Infotafeln berichten von dem Schicksal der Orte und ihrer Bewohner.
In Wegbeschreibungen zum Bärenbachpfad wird immer auf die Aussicht auf den riesigen Truppenübungsplatz hingewiesen. Das ist auch etwas Besonderes! Aber klingt „Truppenübungsplatz“ nur für mich nach Krach und Beton? Auch wenn bei uns Zuhause zum Leidwesen unseres nicht ganz so unerschrockenen Hundes Paul ab und an die Fensterscheiben wackeln, wenn in Baumholder geschossen wird, dominiert auf dem Gelände von hier aus betrachtet eindeutig die Natur! Seit Stunden freuen wir uns über wilde Wälder, wogende Wiesen und Felder und die liebevoll über den gesamten Weg verteilten Informationen zur heimischen Tierwelt. Ich habe einmal gehört, an ausgewählten Tagen im Jahr dürfen Biologen und verzückte Naturfotografen auf das Gelände, um seltene Pflanzen- und Tierarten zu bestaunen.
Ein Großteil des Bärenbachpfades ist einsam, absolut ruhig und so idyllisch, dass er als Schauplatz für Filme mit Elfen und Trollen dienen könnte.
An manchen Tagen ist es bestimmt spannend, den Übungen mit einem Fernglas aus sicherer Entfernung zuzuschauen. Heute ist Sonntag und auf dem Truppenübungsplatz tut sich nichts.
Der nächste Wegabschnitt ist dem Thema "Steine" gewidmet. Wir laufen über 280 Millionen Jahre altes Vulkangestein!
Mehrere große, dunkelgraue Andesit-Blöcke mit Edelstein-Einschlüssen beeindrucken uns am Wegesrand und lassen Schatzsucheraugen begehrlich aufleuchten.
Ab Kilometer 7 beginnt unausweichlich der von Lorenz prophezeite Anstieg. Wir haben bis jetzt getrödelt und tun uns ein bisschen schwer, damit aufzuhören. Der gepflegte Barfußpfad ist so verlockend, dass wir ihn nicht auslassen können.
Wir haben noch einige Kilometer vor uns und der Himmel ist mittlerweile ganz schön dunkel. Das Farbspiel von mächtigen Wolken und Sonnenlicht ist imposant. Nicht ganz unwahrscheinlich, dass wir demnächst bis auf die Haut nass werden. Es gilt, einen Zahn zuzulegen und wir wandern weiter durch Streuobstwiesen und das Quellgebiet des Auerbachs.
Am Bärenbachpfad gibt es nicht nur Luchse, sondern sogar Braune Bären!
Die kurzen Wegstücke auf Asphalt und Wirtschaftswegen stören uns nicht. Wir freuen uns über blühende Wiesen und extravagant gemusterte Kühe mit ihren Kälbchen.
Einige Male bietet sich ein großartiger Blick auf die Stadt, in der rund 4.000 Baumholderer und 7.000 Soldaten und deren Angehörige leben.
Jetzt ist es nicht mehr weit. Da wir das erste Stück vom Weiher bis zum Parkplatz ausgelassen haben, sind "die Orgelpfeifen" nach 13 km zurück am Auto. Wir sind uns einig, dass es eine besonders schöne Wanderung war, die sich sogar an einem bewölkten und kurz regnerischen Tag und bei anfänglich ausbaubarer Motivation so richtig gelohnt hat!
In Baumholder ist alles an Gastronomie zu finden, was das Herz begehrt. Restaurants und Bistros, Cafés und Eiscafés, Biergärten ... Zu meinem Leidwesen fällt die Abstimmung knapp zugunsten des „goldenen M“. Hier führen wir uns im Null Komma Nichts und ausnahmsweise sämtliche verbrannten Kalorien wieder zu.
Im Sommer darf man in Baumholder die Badesachen nicht vergessen. Ein Sprung in den Stadtweiher ist bestimmt der perfekte Abschluss für einen aktiven Tag auf dem Bärenbachpfad. Wenn der Badestrand geöffnet ist, werden wir das in den Sommerferien auf jeden Fall ausprobieren!
Die Traumschleife Bärenbachpfad empfehle ich jedem, der Natur und Anekdoten am Wegesrand liebt und ein bisschen Kondition mitbringt. Er ist liebevoll gepflegt und wirklich abwechslungsreich. Bei guter Rucksack-Versorgung und ausreichend Zeit ist er von Familien mit etwas älteren Kindern gut zu bewältigen. Wir haben für die 13 Kilometer heute gut 5 Stunden gebraucht. Das geht auch schneller ;-)